«Zu sein ist genug»
twm. Bei diesem handlichen Gedichtband stimmt einfach alles: Das Buchformat, der Schrifttypus, der Satzspiegel, die Papierqualität, der Einband, und alles entspricht dem gediegenen Inhalt.
Im Zeitalter der virtuellen Realität vergisst ein guter Verleger nie, dass Lesen auch ein zutiefst sinnliches Erlebnis ist. Das Buch in die Hand gleiten lassen, das Äussere auf sich wirken lassen, es öffnen, mit den Fingern über die Seiten streichen, all dies schafft Voraussetzungen für das eigentliche Lesen dieser starken, eindringlich wirkenden Gedichte.
Der Autor führt subtil an Grenzsituationen des Menschen heran - Liebe und Tod sind beherrschende Themen. In seiner Vorstellungskraft verknüpft er Gegensätzliches, kaum Vereinbartes mit-einander und erzeugt dennoch ein vollkommen geschlossenes Bild.
Hier spricht eine Lebensreife zum Leser, die erarbeitet und erlitten worden ist. Der Sinn für das Feinste, Zarteste ist ihm in geduldigem Warten aufgegangen. Er vermag es in schlichter, eingängiger Form ohne irgendwelche sprachliche Kapriolen auszudrücken:
Die Schönheit der Kirschbäume
ist die Leichtigkeit mit der sie
ihre weissen Blüten
hinstreuen ins Gras.
Eine Gelassenheit strömt uns entgegen, die ansteckend wirkt:
Überhaupt liebe ich es
wenn etwas abfällt von mir.
Werde leichter
verstehender auch.
Manchmal überrascht und überzeugt die Verdichtung auf wenige karge Wörter.
Zu sein ist genug.
Wer es vermag fliesst schon über.
Ein kleines schönes Wunder ist das Liebesgedicht mit dem Titel «Später». Sein Schluss lautet:
In der Nacht lege ich mich
neben dich bis dass du schläfst.
Dein Atem ist ein Buch
und leicht zu lesen.
Aber später ist alles
wieder ein Rätsel.