F A L L A D A
DIE <URBAN LEGEND> SKULPTUR VON RUDOLF STEINER UND BARBARA MEYER CESTA

 
PRESSE
  
 

SEELÄNDER BOTE
20. OKTOBER 2003
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>> Rapperswil BE / Aarau

In Aarau wächst kein Gras für Fallada

 
An die ganze Aufregung, die das Projekt FALLADA übern Sommer in Rapperswil BE ausgelöst hat, mochte sich am vergangenen Wochenende in Aarau kaum jemand erinnern. Dies zeigt eine Umfrage, die Kunstgeschichtsstudentinnen am vergangenen Wochenende vor dem neu eröffneten Kunsthaus Aargau durchgeführt haben.
 
T.B. Etwas deplatziert steht er auf dem Aargauerplatz, der grosse blaue Traktor mit dem feurigen Flammendesign. Im Hintergrund leuchten die grünen Gläser des zur Eröffnung festlich beleuchteten Kunsthauses Aargau in Aarau, vor dem Regierungsgebäude wehen an diesem Abstimmungssonntag die Flaggen, während neben dem mannsgrossen Traktorenpneu eine Zigeunerkapelle munter gegen die einbrechende Kälte anfiedelt. «Haben Sie schon von Fallada gehört?» Die junge Frau lächelt gewinnend über ihrem Fragebogen, am Revers blinkt ihr Vornamen «Annette». Sie sei Kunstgeschichtsstudentin aus Bern und würde hier im Auftrag von Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta, einem Künstlerpaar aus Biel, eine Umfrage durchführen. Mit Fallada, so erzählt Annette, sei nicht der Schriftsteller Hans Fallada noch das Grimmsche Märchen von der Gänsemagd gemeint, sondern die zur Kunst erklärte Absicht des eben erwähnten Künstlerpaares, einen Pferdekadaver von einem Helikopter auf einen Traktor abzuwerfen. Obwohl die abstruse Geschichte sogar im nahen Ausland für Schlagzeilen sorgte, können nur 41 von 310 Befragten mit einem Ja antworten. Aber Annette erzählt allen Uneingeweihten gerne noch einmal die Details der Geschichte, die sich im Sommer 2003 im Seeländer Dörfchen Rapperswil ereignete (diese Zeitung berichtete).
 
Die zweite Frage auf Annettes Fragebogen «Können Sie mit solcher Kunst etwas anfangen?» führt von selbst zur Diskussion über Sinn und Unsinn solcher Kunst, ja über Kunst ganz allgemein. Der eine oder andere Befragte schlägt die Brücke zu den eben gesehenen Werken im Aargauer Kunsthaus, macht seinem Ärger Luft oder macht sich Gedanken – vor allem, wenn er von Annette erfährt, dass Steiner und Meyer Cesta soeben den mit 20'000 Franken dotierten Preis der Kunstkommission der Stadt Bern bekommen haben. Diesen Entscheid zweifeln 173 Personen an, 137 finden dies richtig. Und gar 240 von 310 Befragten würden es begrüssen, wenn das Künstlerpaar vom Aargauer Kunsthaus zu einer Ausstellung eingeladen würde: «Selbstverständlich sollen die kommen. Wir wollen nicht nur Rüebli, wir wollen Stunk», so die dezidierte Meinung eines älteren Mannes. Gegenteiliger Ansicht sind 76 Stimmen. Bleibt Annette noch den signierten Fallada-Flyer anzubieten, den immerhin 120 Personen ablehnen, 190 jedoch mit nach Hause nehmen.
 
Der blaue Traktor auf dem Aargauerplatz war am letzten Wochenende keine Zielscheibe für fallende Pferdekadaver, er war nur reine Dekoration - doch die Absicht des Künstlerpaars ging zur Genüge auf, auch wenn sie mit der Umfrage keine richtig wichtigen Informationen gesammelt haben. Das war nicht ihre Absicht, im Gegenteil: mit der Umfrage haben sie Informationen gestreut. Fallada hängt also noch immer in den Wolken.

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