F A L L A D A
DIE <URBAN LEGEND> SKULPTUR VON RUDOLF STEINER UND BARBARA MEYER CESTA

 
PRESSE
  
 

BIELER TAGBLATT
7. JULI 2003
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Rapperswil

Fallada sprach

Nachdem letzte Woche die Fetzen flogen, wusste niemand, was sich am Freitag rund um den Traktor von rsmbc abspielen würde. Lärm um nichts oder handfeste Händel? Am Schluss wars fast ein Gespräch.

 
azw. «Wenn die auftauchen, werden sie gelyncht», konnte man am Freitag im «Rösseler»-Chat lesen. So wenig das 1:1 gemeint war, so wenig geht es beim Projekt «Fallada» von Rudolf Steiner/Barbara Meyer-Cesta (rsmbc) 1:1 um ein Pferd, das von einem Helikopter auf den Traktor herunter geworfen werden soll. Das zu vermitteln und die aufgestachelten Emotionen zu glätten, war Ziel der Sonderführung am vergangenen Freitagabend in Rapperswil. An die 40 Personen und vier Pferde leisteten der Einladung Folge. Prallten die Worte zunächst hart aufeinander, kam es schliesslich fast zu einem Gespräch. Eigentlich müsse die Aktion jetzt gar nicht mehr stattfinden, denn für ihn habe sie bereits stattgefunden, meinte ein Jugendlicher nach gut einer Stunde und traf damit einen Kern des Projektes - die Frage nämlich, wie viel Realität es brauche um Wirklichkeit zu sein.
Gerne hätten die Anwesenden dem mit viel Einsatz Red und Antwort stehenden Künstlerpaar ein «Ja» oder ein «Nein» entlockt. Macht ihr oder macht ihr nicht? Mit einem «Nein» hätten alle erleichtert nach Hause gehen können. Doch so weit liessen sich rsbmc nicht auf die Äste hinaus. Zwar flog ihnen inzwischen eine «Njet»-Verfügung des Kantons ins Haus mit der Begründung, der Abwurf des Pferdes könnte eine «Quelle für Infektionen» sein, doch dagegen können die beiden rekurrieren und den Prozess offen halten. «Was», so stellte darum eine der Anwesenden die Gretchenfrage, «macht ihr, wenn ihr die Bewilligung doch erhält, lasst ihr abwerfen oder nicht?»
«Die Frage müssen wir entscheiden, wenn es so weit ist», antworteten die beiden sibyllinisch und plötzlich war es, als hörte man Goethes Faust im Abendwind: Die Geister, die ich rief... Doch dass es zum schauerlichen «Ross-Tätsch» kommt, glaubte am Ende der Diskussion unter freiem Himmel kaum jemand mehr oder nur noch ein ganz klein bisschen. Klar war jedoch den meisten, dass sie, ohne es zu wollen, Teil eines Kunstprojektes geworden sind, auch wenn unklar blieb, was denn diese Kunst sein soll.
Die beiden Künstler waren zufrieden mit dem Abend, glücklich, dass nach dem groben Geschütz, das in den letzten Tagen in ihrer Mailbox landete, jemand bereit war, zuzuhören, Widersprüchen und Vorwürfen zum Trotz zu realisieren, dass hier nicht jemand «verarscht» werden soll, sondern Fragen in den Raum gestellt werden. Jene nach unserem Verhältnis zum toten Tier zum Beispiel.
Dass indes die Verkürzung des Projektes auf eine «perverse Aktion» noch nicht aus aller Köpfe ist, zeigte sich in der Nacht auf Sonntag, als in Rapperswil fast alle «Fallada»-Plakate heruntergerissen wurden. Gut hat sich das Duo darauf eingestellt, periodisch Nachschub zu liefern. Es lebe «Fallada»!
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